Neues Bayern-Buch: Wie Uli Hoeneß einen Flugzeugabsturz überlebte (2024)

Neues Bayern-BuchWie Uli Hoeneß einen Flugzeugabsturz überlebte

Vier Passagiere waren an Bord, den Crash 1982 überlebte aber nur einer: Uli Hoeneß. Vielen erschien die Rettung damals wie ein Wunder. Was den Fußball-Manager vor dem Schlimmsten bewahrte, beschreibt Thomas Hüetlin in seinem jetzt erschienenen Buch über den FC Bayern.

Es war der 16. Mai 1982. Mit gerade 30 Jahren stand Uli Hoeneß kurz vor der Vollendung seines beruflichen Tuns. Der FC Bayern München beherrschte die Fußball-Bundesliga nach Belieben, auch der DFB-Pokal funkelte nach elf Jahren mal wieder in der Trophäen-Vitrine in der Säbener Straße. Jetzt blies die Mannschaft zum Angriff auf Europa: In Rotterdam wartete das Team des englischen Meisters Aston Villa im Endspiel um den Europapokal. Und der junge Manager ahnte, dass eigentlich nichts schief gehen konnte. Der Mann, der noch immer so aussah wie ein altdeutscher Sagenheld, fühlte sich einmal mehr vom Glück geküsst. Sein größtes Glück war, dass er überhaupt noch am Leben war. Das grenzte an ein Wunder. Im Februar war er mit drei Freunden zu einem Länderspiel nach Hannover geflogen und als Einziger nicht im Sarg zurückgekommen.

In einer trockenen und kalten Nacht im Februar war der Förster Karl-Heinz Deppe zu einer Kontrollfahrt aufgebrochen. Der 42-Jährige überwachte ein kleines Revier im Heitlinger Moor nahe Osterwald, etwa 15 Kilometer nordwestlich des Flughafens Hannover-Langenhagen, und er hatte keinen Grund zu der Annahme, dass irgendetwas anders sein würde als sonst. Um kurz vor neun riss er sich vom Fernseher los, was ihm leicht fiel, denn die Übertragung des Fußballländerspiels zwischen Deutschland und Portugal war nur mäßig spannend, und er stieg in seinen Jeep. Eine Viertelstunde später sah er von weitem etwas durchs Gestrüpp kriechen, womöglich ein altes Wildschwein oder ein tollwütiger Fuchs. Als Karl-Heinz Deppe näher kam, stellte er jedoch zu seinem Entsetzen fest, dass es ein Mensch war: blutüberströmt, mit zerfetzten Kleidern und offensichtlich unter Schock.

"Er sah fürchterlich aus, redete völlig unzusammenhängende Worte und stöhnte nur: 'Ich friere'", erinnert sich der Förster. Trotz der Dunkelheit und der derangierten Verfassung des Mannes erkannte ihn Karl-Heinz Deppe sofort: Es war Uli Hoeneß, der Manager des FC Bayern München. Der Förster zerrte den Verletzten in seinen Wagen, um sich auf dem schnellsten Wege ins Krankenhaus zu machen, blieb jedoch im Morast stecken. So lief er zu Fuß zum nächstgelegenen Dorf und wählte von einer Telefonzelle aus den Rettungsdienst. In der Notrufzentrale von Hannover war man bereits vorbereitet.

Eine aus München kommende Propellermaschine, gesteuert vom früheren Skirennläufer Wolfgang Junginger, hatte beim Anflug auf Hannover gegen viertel vor acht Schwierigkeiten gemeldet. Der Lotse hatte dem Piloten die Anweisung gegeben, nach Norden zu kurven und zu steigen. Danach war der Kontakt abgebrochen, und das Flugzeug war vom Radarschirm verschwunden; wenig später blinkten bei Polizei, Feuerwehr und Technischem Hilfswerk die Signallampen für Großalarm.

Gegen zehn Uhr wurde aus der Befürchtung Gewissheit: Die Piper-Seneca war abgestürzt. Die Trümmer lagen in einem Umkreis von hundert Meter verteilt; ein Propeller hing noch in einem zerrissenen Weidezaun, ein paar Schritte dahinter hatte sich das co*ckpit etwa zur Hälfte in den feuchten Grund gebohrt; drei Leichen klemmten in den Sitzen: Junginger, sein Co-Pilot - ein 24-jähriger Student - und der Chef eines Münchner Verlages.

Bis ein Uhr morgens musste auch bei Uli Hoeneß mit dem Schlimmsten gerechnet werden. Paul Breitner und Karl-Heinz Rummenigge waren unmittelbar nach Abpfiff des Länderspiels im Niedersachsenstadion informiert worden und noch im Trainingsanzug ins zehn Kilometer entfernte Krankenhaus Hannover-Nordstadt geeilt. Drei Stunden vergingen. Breitner hockte in sich versunken im Wartezimmer, die Zigarette in seiner Hand glimmte vor sich hin, ohne dass er daran zog. Rummenigge weinte.

Aber der Freund überlebte. Er hatte sich gleich nach dem Start um Viertel nach sechs in den hinteren Teil des Flugzeugs zurückgezogen und war kurz darauf eingeschlafen. Das rettete ihm das Leben. Er erlitt nur leichte Frakturen an Oberarm und Knöchel und eine Gehirnerschütterung. Trotz der beruhigenden Kunde vom Arzt wachte Paul Breitner die ganze Nacht über am Krankenbett. Als Uli Hoeneß am nächsten Tag erwachte, fragte er: "Wie ist das Länderspiel ausgegangen?"

Am Sonntag darauf wurde Uli Hoeneß ins Klinikum Großhadern in München verlegt, und er erholte sich bald. In der Zwischenzeit besetzte Paul Breitner auch das Managerbüro beim FC Bayern. Wer ungebeten eintrat oder sich gar breit machen wollte, bekam es mit ihm zu tun. "Er hat sie alle weg gebissen", stellte Hoeneß fest, als er an einen aufgeräumten Schreibtisch zurückkehrte. "Diese Erlebnisse haben uns zusammengeschweißt." Aus der Zweck- und Schicksalsgemeinschaft war eine Freundschaft fürs Leben geworden.

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